Stuttgart, den 10. Dezember 2024 PM |
- Belastungen für junge Menschen sind in den letzten Jahre stark gestiegen
- Die Landesregierung scheitert jedoch an wichtigen jugendpolitischen Impulsen
- Preisanstieg beim JugendticketBW ist ein Zeichen dieses Scheiterns
- Verkehrsministerium wirbt mit Kontext fremden Bildern für den Preisanstieg
- Im Kultusministerium werden jährlich Mittel in Höhe zwischen 500 und 800 Millionen
Euro nicht abgerufen - Diese Mittel sollen für den kommenden Haushalt verwendet werden, so dass Mittel für
die Finanzierung des JugendticketBW und jugendpolitische Maßnahmen frei werden - DV JGR und LSBR fordern künftig ein Anhörungsrecht bei der Haushaltsplanung
Wir müssen reden! – Corona, Klimakrise, politische Unsicherheit, schlechter ÖPNV, soziale
Ungerechtigkeit, Bildungskrise und steigende Fallzahlen psychischer Erkrankungen. Die
Belastungen für junge Menschen sind in den letzten Jahren enorm gestiegen, aber die
Landesregierung versagt darin, diese Probleme zu adressieren, aufzuarbeiten und wichtige
Impulse für junge Menschen zu setzen.
Hierbei ist insbesondere die geplante Preiserhöhung für das JugendticketBW ein herber
Schlag.
Dabei hat der Vorsitzende des Landesschülerbeirats, Joshua Meisel, bereits am 30. September
2024 in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit 12 weiteren Landesschülervertretungen
gefordert, dass das JugendticketBW nicht teurer werden darf. Diese Forderung wurde mit der
Begründung, dass eine Erhöhung um 9 € der Attraktivität nicht schade, abgeschmettert. Dem
ist nicht so!
Die finanzielle Belastung steigt von 365€ auf 473€. Das sorgt vor allem dafür, dass Familien
mit einem sozioökonomisch schwachen Hintergrund benachteiligt werden. Während ein
nicht-ermäßigtes Deutschlandticket im kommenden Jahr lediglich 18% teurer wird, muss die
Jugend eine Erhöhung von 30% in Kauf nehmen. Anstatt, angesichts der anfangs genannten
Belastungsfaktoren, eine so wichtige Maßnahme beizubehalten oder zusätzlich zu fördern,
werden Mobilitätskosten im kommenden Jahr in die bereits lange Liste der
Belastungsfaktoren hinzukommen.
Bei der Einführung des Jugendtickets veranstaltete das Verkehrsministerium für die Presse
eine Fotoaktion mit Jugendlichen. Dabei entstanden Bilder voller Euphorie, voller Motivation
für einen preiswerten, gerechten und der Jugend offenen ÖPNV. Eines dieser Bilder,
ausgerechnet von der stellvertretenden Pressesprecherin des 15. Landesschülerbeirates
wurde nun vom Verkehrsministerium genutzt, um auf Instagram den Preisanstieg des
Jugendtickets anzukündigen. Dieses Bild spiegelt jedoch in keinster Weise unsere Meinung
zu dieser Preiserhöhung wider, auch wenn das Verkehrsministerium versucht, anderes zu
suggerieren!
Auf diese Art und Weise für die Preiserhöhung zu werben ist aus Sicht der
Jugendvertretungen nicht nur falsch, sondern auch schlicht unangemessen.
Nun wird die Landesregierung vermutlich erneut argumentieren, dass diese Forderungen
zwar nachvollziehbar sind, aber die Finanzierung mit der aktuellen Haushaltslage leider nicht
möglich sei. Diese Aussage mag zwar im Bezug auf den langfristigen Investitionsrückstau in
diesen Bereichen zutreffen, nicht aber bei der Beibehaltung aktueller Maßnahmen wie dem
JugendticketBW. Hier sehen wir vor allem ein Versäumnis, das vorhandene Geld in die schon
lange nötigen Posten zu investieren. Aus verschiedenen Quellen haben wir bereits im Sommer
erfahren, dass im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport jährlich Mittel in Höhe zwischen
500 und 800 Millionen Euro nicht abgerufen werden. Um die genaue Haushaltslage
nachzuvollziehen und die Expertise der Schülerschaft in die Haushaltsberatungen einbringen
zu können, hat der Landesschülerbeirat deshalb am 19. August eine dreiseitige Anfrage an das
Kultusministerium gestellt, in dem er unter anderem nachvollziehen wollte, auf welche
Summe sich diese Gelder genau belaufen und wofür bestimmte Mittel verwendet werden.
Das Kultusministerium ist damals der Ansicht gewesen, dass es keine Verpflichtung besitzt,
diese Anfrage schriftlich zu beantworten, weshalb sie bis jetzt unbeantwortet geblieben ist.
Aus diesem Grund fordern wir das Ministerium nachdrücklich auf, sowohl uns, als auch der
Öffentlichkeit umfassende Transparenz über die Haushaltslage zu gewährleisten, damit der
Weg hin zu einer besseren Jugendbeteiligung zusammen gegangen werden kann.
Sollten jährlich tatsächlich Gelder in dieser Höhe zurück in das Finanzministerium fließen,
könnten diese genutzt werden, um sie in dringend notwendige jugendpolitische Maßnahmen
zu investieren. Wir fordern die Landesregierung deswegen dazu auf, die nicht abgerufenen
Gelder aus den Jahren 2023 und 2024 zu nutzen, um den Kultusetat im kommenden Jahr
teilweise zu decken. So würden im Doppelhaushalt 2025/26 1,0 bis 1,6 Milliarden Euro frei
werden, die man teilweise zur Finanzierung des JugendticketBW nutzen könnte. Um den
Preis stabil zu halten, wären hierzu rund 144 Millionen Euro in den beiden kommenden Jahren
notwendig, also nur ein Bruchteil der zusätzlich verfügbaren Gelder. Für 385 Millionen Euro
wäre es sogar möglich, mit diesen Geldern den Preis des Tickets auf 50 Cent pro Tag zu
halbieren.
Um außerdem in der kommenden Haushaltsplanung einem erneuten Vergessen der jungen
Menschen vorzubeugen, ist es unabdingbar, dass der Dachverband der Jugendgemeinderäte
und der Landesschülerbeirat als Vertretung der Stimme der Jugend in der kommenden
Haushaltsplanung angehört werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass junge
Meinungen beachtet und politische Entscheidungen nicht über ihren Kopf hinweg getroffen
werden.
Die Stimme der jungen Menschen zu hören, sollte insbesondere bei der Gestaltung ihrer
Zukunft keine Option, sondern eine Selbstverständlichkeit sein. Eine solche Anhörung darf
sich jedoch nicht auf das JugendticketBW begrenzen, sondern muss alle Jugend- und
jugendpolitischen Themen beinhalten.
Junge Menschen wissen am besten, wo Ihre Probleme liegen, was sie brauchen und was sie
wollen.
Es ist nicht vertretbar, dass man diese Belastungen derart ignoriert und Gelder, die längst
hätten investiert werden müssen, unangerührt in das Finanzministerium zurückfließen.
Neben der Finanzierung der Preiserhöhung des JugendticketBW fordern wir im kommenden
Haushaltsjahr tiefgreifende Investitionen aller beteiligten Ministerien in Jugendbeteiligung,
Demokratiebildung und angemessene Angebote zur Stärkung mentaler Gesundheit. Das sind
nur 3 der Bausteine, damit junge Menschen in Baden-Württemberg eine Perspektive sehen,
die an Ihre Bedürfnisse angepasst sind.
Junge Menschen wollen anpacken, sie wollen was verändern, sie wollen sich wohlfühlen und
sie wollen mitmachen, jetzt geht es darum, die finanziellen Mittel bereitzustellen und somit
für wichtige Zukunftsinvestitionen zu sorgen.
Um in Zukunft sicherzustellen, dass diese Expertise wahrgenommen wird, stehen der
Landesschülerbeirat und der Dachverband der Jugendgemeinderäte gerne zur Verfügung.